Infoblatt Merkur


Aufbau, Oberfläche und Beobachtungen vom Merkur



Merkur (Klett)

Merkur ist den Menschen seit der Zeit der Sumerer (3 Jahrtausende vor Chr.) bekannt. Im alten Griechenland hatte er zwei Namen: Apollo, wenn er am Morgenhimmel sichtbar war und Hermes, wenn er am Abendhimmel erschien - wohlwissend, dass es sich um ein und denselben Planeten handelte. Seinen heutigen Namen erhielt er von den Römern, nach Merkur, dem Gott des Handels und Gewerbes.


Grundlagen

Merkur ist der sonnennächste Planet. Seine Entfernung von der Sonne beträgt 0,38 AE, das entspricht etwa 2/5 des Erdabstandes zur Sonne. Merkurs Umlaufbahn um die Sonne ist sehr elliptisch. Die Bahnebene des Merkur ist um 7° gegen die Ekliptik (= Ebene der Umlaufbahn der Erde um die Sonne) geneigt. Folglich schwankt der Abstand zur Sonne zwischen 46 - 70 Mio. km (0,30-0,46 AE). Durch die Sonnennähe empfängt er rund 6 mal soviel Sonnenstrahlung pro m 2 wie die Erde.
Merkur gehört zu den inneren, erdähnlichen Planeten. Nach Pluto ist er mit einem Durchmesser von 4.878 km der zweitkleinste Planet des Sonnensystems. Seine Form ist nicht abgeplattet, wie bei der Erde. Er hat eine Masse von 3,3*10 23 kg. Merkur besitzt keinen Mond und keine Atmosphäre. Nur eine dünne Aragon- und Heliumschicht umgibt seine Oberfläche. Merkur dreht sich in 2 Sonnenumläufen 3 mal um seine Achse, dabei dauert eine Umdrehung 58 Tage und ein Merkurjahr 87 Tage. Seine Rotationsachse steht fast aufrecht auf der Ekliptik. Merkur ist der schnellste Planet. In einer Sekunde legt er 48 km zurück (Vgl. Erde mit 30 km/s).
Die Oberflächentemperatur des Merkurs schwankt enorm. Durch die fehlende Atmosphäre und langsame Drehbewegung kommt es zu einer starken Abkühlung der Schattenseite bzw. Erhitzung der Sonnenseite. Es können Temperaturen von +430 °C am Tag und -180 °C in der Nacht erreicht werden.


Aufbau

Die mittlere Dichte des Merkurs beträgt 5,43 g/cm 3. Da die äußeren Schichten aus leichtem Silikatgestein bestehen, lässt dies auf einen schwereren Eisen-Nickel-Kern schließen. Dieser ist außergewöhnlich groß und nimmt rund 80 % der Masse ein. Um den Kern liegt ein 600 km dicker Mantel mit einer dünnen Kruste, beides aus Silikaten.


Oberfläche

Die Oberfläche des Merkurs ist trocken und steinig. Sie ist mit einer Sand- und Staubschicht sowie mit Geröllen und Schuttmassen bedeckt. Ähnlich der Mondoberfläche ist sie millionenfach mit kleinen und großen Kratern übersät, die von Meteoriteneinschlägen zeugen. Die Krater sind flacher als auf dem Mond. In ihrem Inneren befinden sich oft zentral gelegene Anhöhen (Zentralberge). Benannt sind die Krater nach Künstlern, Komponisten, Schriftstellern und Dichtern, wie z.B. der Michelangelokrater. Daneben gibt es aber auch Bereiche, die nur wenige Krater aufweisen. Hier müssen Prozesse tätig gewesen sein, die die Krater wieder zerstört haben (Vulkanismus?). Die größte bekannte Oberflächenstruktur auf dem Merkur ist das Calorisbecken - ein riesiger Einschlagskrater mit einem Durchmesser von 1.350 km. Auf der gegenüberliegenden Seite des Planeten findet man sogar unregelmäßige Strukturen, die durch die Schockwelle des damaligen Einschlages gebildet wurden.
Weiterhin erkennt man auf der Oberfläche ein System bogenförmiger Böschungen, die durch Krater hindurchgehen sowie tektonische Risse und Verschiebungen (gut an Kratergrenzen sichtbar). Diese Phänomene sind wahrscheinlich infolge von Schrumpfungs- und Abkühlungsprozessen des Planeten vor rund 4 Mrd. Jahren entstanden. Durch diese globale Kontraktion hatte sich damals der Radius um ca. 1 km verringert.


Beobachtung und Erforschung

Der Merkur weist schlechte Beobachtungsbedingungen auf, da er meist in der Nähe der Sonne steht und damit nur kurz nach Sonnenuntergang und kurz vor Sonnenaufgang zu sehen ist. Im Fernrohr ist Merkur, ähnlich wie der Mond, als eine Phasengestalt sichtbar (z.B. als Halbmerkur, Vollmerkur, Sichelmerkur). Alle 7-13 Jahre kann man Merkur als schwarzes Scheibchen vor der Sonne vorbeiziehen sehen, dann verläuft sein Weg von der Erde aus gesehen direkt vor der Sonnenscheibe. Dieses Phänomen, auch Merkurtransit genannt, wurde das letzte mal in November 1993 und 1999 beobachtet.
Im Fernrohr kann man die Oberfläche des Merkurs nur verschwommen erkennen. Klare Aufnahmen lieferte erstmals die bisher einzige zum Merkur geflogene Raumsonde "Mariner-10". Sie startete 1974 und flog bis zum darauf folgenden Jahr 3 mal am Merkur vorbei. Dabei lieferte sie rund 10.000 Bilder mit einer Auflösung von 100-4.000 m. Allerdings konnte nur 45 % der Merkuroberfläche aufgenommen werden. Der Planet ist zu nah an der Sonne, um mit Teleskopen weiter kartiert zu werden.
Die Messenger, eine Raumsonde der NASA, startete am 3. August 2004 und schwenkte im März 2011 als erste Raumsonde in einen Merkurorbit ein, um den Planeten mit ihren zahlreichen Instrumenten eingehend zu studieren und erstmals vollständig zu kartographieren. Die Raumsonde wird sich dabei der Untersuchung der geologischen und tektonischen Geschichte des Merkur sowie seiner Zusammensetzung widmen. Weiterhin soll die Sonde nach dem Ursprung des Magnetfeldes suchen, die Größe und den Zustand des Planetenkerns bestimmen, die Polarkappen des Planeten untersuchen sowie die Exosphäre und die Magnetosphäre erforschen. Um sein Ziel zu erreichen, flog MESSENGER eine sehr komplexe Route, die ihn in mehreren sog, Fly-by-Manövern erst zurück zur Erde, dann zweimal an der Venus sowie dreimal am Merkur vorbei führt. Der erste Vorbeiflug am Merkur fand am 14. Januar 2008 um 20:04 Uhr MEZ statt und der zweite am 6. Oktober 2008. Dabei wurden bereits Untersuchungen der Oberfläche durchgeführt und Fotos von bisher unbekannten Gebieten aufgenommen. Der dritte Vorbeiflug, durch den die Geschwindigkeit der Sonde verringert wurde, erfolgte am 30. September 2009. Da die Sonde kurz vor der Passage unerwartet in den abgesicherten Modus umschaltete, konnten für geraume Zeit keine Beobachtungsdaten gesammelt und übertragen werden. Die gesamte Reise nahm etwa 6,5 Jahre in Anspruch. Die Dauer der Primärmission im Merkurorbit ist auf ein Jahr festgelegt.
Die europäische Raumfahrtorganisation ESA und die japanische Raumfahrtbehörde JAXA möchten sich an der Erforschung des sonnennächsten Planeten beteiligen und haben den Einsatz der kombinierten Merkursonde BepiColombo geplant. Sie soll aus zwei am Ziel getrennt eingesetzten Orbitern bestehen: einem Fernerkundungsorbiter und einem Magnetosphärenorbiter. Die Komponenten werden sich jeweils der Untersuchung des Magnetfeldes sowie der geologischen Zusammensetzung in Hinsicht der Geschichte des Merkur widmen. Der Start der Mission ist derzeit für 2015 vorgesehen.



Kraterlandschaft und tektonische Verwerfung (NASA)



Großer Krater mit glattem Boden, dessen Zentrum durch Lavaströme ausgefüllt wurde (NASA)


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Sabine Seidel, überarbeitet und aktualisiert: Ulrich Knittel
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 28.05.2012