Infoblatt Erdbeben in Deutschland


Übersicht der erdbebengefährdeten Gebiete in Deutschland



Vulkane und Erdbeben in Deutschland (Klett)

Auch wenn es sich bei Deutschland um ein Gebiet vergleichsweise geringer seismischer Aktivität handelt, so wurden und werden dennoch bestimmte Gebiete bisweilen von Erdbeben erschüttert. Geologisch gesehen liegt Deutschland innerhalb der eurasischen Platte, weit entfernt von Plattengrenzen, an denen es infolge der Konvergenz zu starken Bebenereignissen kommen kann. In Deutschland können jedoch folgende Arten von Erdbeben auftreten:
  • tektonische Intraplattenbeben
  • Einsturzbeben durch den Einsturz natürlicher Hohlräume
  • Gebirgsschläge und andere seismische Ereignisse in Bergbaugebieten
  • seismische Ereignisse in Gas- und Ölfördergebieten
Sämtliche Erdbebenherde Deutschlands liegen in der oberen Erdkruste, es handelt sich also ausnahmslos um Flachbeben. Die maximale Herdtiefe lag bei 28 Kilometern, im Schnitt liegt sie in einem Tiefenbereich von sieben bis 16 Kilometern.

Einsturzbeben sind in ihrer Wirkung lokal stark begrenzt. Gebäudeschäden sind hierbei nicht auf seismische Wellen, sondern auf das Absenken der Erdoberfläche zurückzuführen. Ähnliches gilt auch für Gebirgsschläge, auch wenn diese größer ausfallen können. Gebirgsschläge sind schlagartig auftretende Bewegungen und Verstürzungen in bergmännisch geschaffenen Hohlräumen als Folge von Entspannungsvorgängen. So ereignete sich beispielsweise 1989 im Kalibergbaugebiet des Werratals ein Gebirgsschlag mit einer lokalen Magnitude von 5,6 und einer Intensität von VIII-IX. Das Grubensystem stürzte dabei auf 6,8 km² zusammen. Die Schäden im direkt über dem Bergwerk liegenden Ort Völkershausen waren enorm, aber bereits in sechs Kilometer Entfernung traten keine Gebäudeschäden mehr auf, was auf die geringe Tiefe des Bruchvorgangs zurückzuführen ist.



Beschädigte Häuser in Völkershausen (Rhön) nach dem Gebirgsschlag vom 13. März 1989 (Waldenburger)

Auch in den Kohlerevieren an Ruhr und Saar werden jährlich eine Vielzahl dieser induzierten, also nicht-tektonischen Erdbeben registriert, wobei deren Magnituden deutlich unter dem im obigen Beispiel erwähnten Wert liegen und die Beben meist nicht fühlbar sind.
Das norddeutsche Tiefland ist weitgehend erdbebenfrei, die wenigen bekannten Erdbebenereignisse erreichten hier eine Intensität von maximal VI auf der MSK-64-Skala. Besonders erwähnenswert sind hier lediglich häufige Beben mit Magnituden um 2,0 in Öl- und Gasfördergebieten, die jedoch aufgrund der geringen Herdtiefe von etwa drei Kilometern und jungen, nicht verfestigten Sedimentböden, die zu Resonanzschwingungen neigen, bisweilen auch Schäden hervorrufen. In jenen Gebieten entsteht durch die Förderung ein Spannungsungleichgewicht im Förderhorizont, welches durch disruptive Verschiebungen ausgeglichen wird.
Zentraldeutschland weist kaum seismische Aktivität auf. Diese konzentriert sich vielmehr auf die westlichen, südlichen und östlichen Randbereiche des Landes. Über Jahrhunderte konnte eine stetige Seismizität am Nordrand der Alpen, am Bodensee, am Oberrheingraben zwischen Basel (hier forderte ein Beben der Intensität IX im Jahr 1356 300 Menschenleben und zerstörte große Teile der Stadt) und Frankfurt sowie an Mittel- und Niederrhein nordwestlich von Bonn nachgewiesen werden. Im 20. Jahrhundert zeigte besonders die Schwäbische Alb südlich von Stuttgart hohe seismische Aktivität. Im Osten trifft dies auf die Regionen um Leipzig, Gera und das Vogtland zu. Bei keinem der tektonischen Beben lag die Intensität über VIII, die maximale Magnitude wurde 1992 während eines Beben bei Roermond in den Niederlanden, welches am Niederrhein die Intensität VII erreichte, mit 5,9 gemessen.


Schwäbische Alb

Seit 1911 stellt die westliche Schwäbische Alb um Albstadt das aktivste Erdbebengebiet Mitteleuropas nördlich der Alpen dar. Die Phase erhöhter seismischer Aktivität begann im November 1911 mit einem Beben der Stärke 5,6 und setzte sich im Mai 1943 und September 1978 mit vergleichbaren Ereignissen fort. 1978 belief sich die Schadenssumme auf mehrere hundert Millionen Mark. Zu den drei stärksten Bebenereignissen mit hunderten von Nachbeben kommt eine Vielzahl schwächerer Erdstöße.
Die Schwäbische Alb liegt auf der so genannten Süddeutschen Großscholle, die das Dreieck Basel – Kassel – Regensburg umfasst und sich durch einen einheitlichen geologischen Bau der Tiefenstruktur auszeichnet. Innerhalb der Scholle gibt es eine Vielzahl in rheinischer Richtung streichender Bruchflächen und Verwerfungen, die für das heutige Bebengeschehen eine besondere Bedeutung besitzen. Aus der Orientierung der mechanischen Spannungen in der Erdkruste Mitteleuropas ergeben sich maximale Scherspannungen parallel zu dem rheinisch streichenden Bruchmuster.
Man vermutet, dass Südwestdeutschland in nordsüdlicher Richtung von zwei großen Scherzonen durchzogen wird: Die Kaiserstuhl-Scherzone verläuft auf der östlichen Seite des Oberrheingrabens vom Raum Basel über den Kaiserstuhl bis etwa Lorsch, die Albstadt-Scherzone enthält das Bebengebiet um Albstadt. Die Erdbeben in diesem Bereich führen zu Blattverschiebungen, wobei sich der westliche Teil der Scherfläche nach Süden, der östliche Teil nach Norden bewegt.
Erdbeben mit Magnituden ab 6 sind in diesem Gebiet kaum zu erwarten: Für derartige Beben würde eine zusammenhängende Bruchfläche von über zehn Quadratkilometern benötigt und eine derartig große, zur gleichen Zeit aufgespannte Scherfläche steht hier einfach nicht zur Verfügung.


Oberrheingraben

Auch die Ränder des Oberrheingrabens bewegen sich nach dem Muster einer Blattverschiebung: So wurde der Schwarzwald in den letzten 30 Millionen Jahren nach Norden, die Vogesen hingegen nach Süden verschoben. Der Oberrheingraben, ein ca. 300 Kilometer langer Grabenbruch im Grenzbereich von Deutschland und Frankreich, wird im Süden vom Schweizer Jura, im Norden vom Taunus begrenzt. Die Senkung dieser Großstruktur begann vermutlich im Alttertiär im Zusammenhang mit der alpidischen Gebirgsbildung und dauert bis heute an. Von dieser tektonischen Aktivität, die Senkungen von bis zu einem Millimeter im Jahr beinhaltet, zeugen häufige Erdbeben, die jedoch zumeist unter der Schwelle der Wahrnehmbarkeit liegen.


Vogtland

Das Vogtland ist seit dem 16. Jahrhundert seismisch durch wiederholtes Auftreten von Schwarmbeben aufgefallen. So wurden beispielsweise zwischen November 1984 und Februar 1985 mehr als 8.000 Beben registriert, von denen jedoch nur wenige fühlbar waren. Die Maximalintensität, die hier jemals dokumentiert wurde, lag bei VII.


Literatur

LEYDECKER, G. (2003): Erdbebenkatalog für die Bundesrepublik Deutschland mit Randgebieten für die Jahre 800 - 2001. Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover.
SCHICK, R. (1997): Erdbeben und Vulkane. München.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Sebastian Siebert
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 27.05.2012