Infoblatt San-Andreas-Verwerfung


Entstehung und Auswirkung der San-Andreas-Verwerfung



San-Andreas-Verwerfung (Klett)

Das Gebiet der San-Andreas-Verwerfung befindet sich am Westrand des nordamerikanischen Kontinents im Bundesstaat Kalifornien. Die San-Andreas-Verwerfung ist Teil eines komplexen Systems von Störungen, welche die pazifische Platte von der nordamerikanischen Platte trennen. Am Nordende verbindet sich die San Andreas Verwerfung mit der Mendocino Bruchzone, wo drei Platten angrenzen. Am Südostende geht sie allmählich in ein System von Störungen im Golf von Kalifornien über. So betrachtet beansprucht das Störungssystem ein 100 km breites und 1.300 km langes Gebiet.


Hauptelemente

Das San-Andreas- Störungssystem besteht hauptsächlich aus der San-Andreas-Störung und einigen weiteren Haupt- und Nebenverwerfungen. Neben den relativ zur San-Andreas-Verwerfung gleichgerichteten Hauptverwerfungen treten bei Los Angeles auch östliche Querstrecken auf. An den Hauptverwerfungen werden ungefähr 2/3 der rechtsgleitenden Bewegung zwischen den nordamerikanischen und pazifischen Platten aufgebracht. Die zahlreichen, teils in komplizierter Weise angeordneten Nebenverwerfungen stellen vorwiegend Übergänge und Verlängerungen der Hauptverwerfungen dar.


Geologische und plattentektonische Einordnung

Das anstehende Gestein umfasst verschiedene Erdzeitalter, die sich vom Präkambrium bis zum Tertiär und jünger erstrecken. Dabei durchläuft die Zerschneidung der San-Andreas-Verwerfung in Nord- und Zentralkalifornien Gebiete unterschiedlichster lithologischer Formationen. Im Süden dagegen zeigt sich nicht ein derartig ausgeprägter Kontrast. Die San-Andreas-Störung ist eine typische Transformstörung entlang der Grenze zweier Platten. Da sich die Platten aneinander vorbei bewegen, wird weder Lithosphäre geschaffen noch vernichtet. Man spricht von konservativen Plattengrenzen.



San-Andreas-Verwerfung (Klett)


Versetzungsraten

Einige der zerschnittenen Gesteinseinheiten, die an der Störung einander zugeordnet werden können, zeigen eine Versetzung von bis zu 560 km. Während des San Francisco Erdbebens wurde an einigen Stellen eine Versetzung von 5 - 6 m beobachtet. Die mittlere Rate der Versetzung der beiden Platten wird unterschiedlich (3,4 - 4,8 cm pro Jahr) angegeben. Die Schwierigkeit einer genauen Bestimmung liegt daran, dass der Versatz von geologisch einander zuordbaren Einheiten in verschiedenen Gebieten unterschiedlich groß ist.


Seismische Aktivitäten und Entstehung von Erdbeben

In Kalifornien treten jedes Jahr zehntausende kleinere Erdbeben auf. Sie zeugen vom fortwährenden Prozess des Aneinanderreibens der beiden Platten, der sich alle paar hundert Jahre in einem großen Erdbebenereignis äußert. Die Beben von 1857 in Fort Tejon und 1906 in San Francisco sind dabei nur zwei solcher großen Ereignisse in der jüngsten Zeit.
Zur Beschreibung der sogenannten Flachbeben wurde 1910 die Elastic-Rebound-Theorie aufgestellt. Sie ist noch heute in ihren grundlegenden Zügen anerkannt. Demnach wird das stetige Gleiten durch den hohen Reibungswiderstand vorübergehend blockiert. In größerer Entfernung von der Verwerfung kommt es dann zur Deformation innerhalb der beiden Blöcke, die zu einer Verformung der geodätischen Linien führt. Vor dem San Francisco Beben betrug die gemessene Verformung 3,2 m über einen Zeitraum von 50 Jahren. Die Deformation schreitet so lange fort, bis die Scherspannungen an einem Punkt der Verwerfungsfläche einen kritischen Wert erreichen, der der Scherfestigkeit zwischen den festgehakten Lithosphärenplatten auf der Verwerfungsfläche entspricht. Die beiden Blöcke beginnen aneinander vorbeizuschnellen, wobei der Ausgangspunkt des Bruches das Hypozentrum des Erdbebens darstellt. Der Bruch breitet sich vom Hypozentrum mit einer Geschwindigkeit von 1 - 3 km/s aus und er endet erst dort, wo die Scherspannungen die Scherfestigkeit unterschreiten. Bei sehr starken Erdbeben erstreckt sich der Bruch über sehr große Entfernungen. Die Längsausdehnung beim San Francisco Beben betrug 400 km. Die Bruchausbreitung erfolgt oft ungleichmäßig mit variablen Bruchgeschwindigkeiten und in mehreren Bruchepisoden. Der Grund hierfür liegt darin, dass die rheologischen und physikalischen Eigenschaften entlang der Verwerfungsfläche variieren oder die Struktur der Herdfläche einen einfachen Bruch verhindert. Diese Barrieren können im Laufe des Erdbebens überwunden werden; sie können aber auch so stark sein, dass sie überhaupt nicht oder erst später durch die vom Erdbeben verursachten Spannungsumlagerungen brechen (Nachbeben). Auslösender Faktor bei mitteltiefen Erdbeben sind wahrscheinlich Entwässerungsreaktionen und Phasenumwandlungen.


Erdbeben und Risiko bei San Francisco

Bei dem großen Erdbeben von 1906 in San Francisco starben 700 Menschen und die materiellen Schäden, ausgedrückt im Dollarwert von 1987, beliefen sich auf 20 Milliarden Dollar. Dieses große Erdbeben geschah vor über neun Jahrzehnten. Seit diesem Ereignis blieb dieser Abschnitt der Verwerfung festgespannt. Die Platten aber haben sich seither relativ zueinander bewegt, so dass die Spannung im Gestein der Kruste zu beiden Seiten der Verwerfung zu einem hohen Betrag angewachsen ist. Zwar lässt sich der Zeitpunkt des nächsten Erdbebens nicht vorhersagen, aber mit jedem Jahrzehnt, das vorübergeht, wird die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses größer. Dass aber auch von entfernteren Erdbeben Gefahren drohen, zeigte sich bei dem Loma Priesta Erdbeben von 1989. Das Epizentrum lag etwa 80 km südöstlich von San Francisco. Dabei erlitt das Gebiet des Bootshafens ähnlich schwere Schäden wie 1906. Völlig unerwartet kam es zum Zusammensturz der oberen Fahrbahn eines Abschnittes der Autobahn Interstate 880 sowie zum Einsturz eines Abschnittes der Bay Brücke. Es starben 62 Menschen und der Schaden wurde auf etwa 6 Milliarden Dollar beziffert. Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Region in den nächsten 30 Jahren durch ein schweres Erdbeben heimgesucht wird, bei 62 % liegt.



San Francisco 1906


Zusammenfassung

"Die San-Andreas-Verwerfung als 1.400 km lange Bruchzone der Erdkruste ergibt sich durch das Aufeinandertreffen der pazifischen und der nordamerikanischen Platte - im Bereich der Subduktion der pazifischen unter die nordamerikanische Platte kommt es immer wieder zu Erdbeben und Erscheinungen des Vulkanismus. Die verursachenden Bruchstellen liegen in ca. 10 - 18 km Tiefe (Epizentrum). Die Störungswellen breiten sich vor allem entlang der Bruchlinie, nicht konzentrisch aus, so dass auf den Verlauf der Bruchzone zu achten ist.
Da die pazifische Platte mit 2 - 6 cm in 1.000 Jahren nach Nordwesten driftet, entstehen im Untergrund der San-Andreas-Verwerfung Dehnungsspannungen, die sich von Zeit zu Zeit entladen und zu den Beben führen. Häufig kommt es noch zu mehreren Nachbeben, den sog. Aftershocks." (Roland Hahn: Perthes Länderprofile - USA, Gotha, 2002, S. 444.)


Literatur

Roland Hahn (2002): Perthes Länderprofile - USA, Gotha.
STRAHLER, A.H. & A.N.STRAHLER (2002): Physische Geographie.-Ulmer, Stuttgart.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Andreas Ostrowski
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 29.05.2012