Infoblatt Bodenbildende Prozesse


Bodenbildende Prozesse im Überblick



(Klett)

Die Differenzierung und die Entwicklung von Böden aus dem Ausgangsgestein werden durch verschiedene Prozesse bewirkt. Man unterscheidet Umwandlungs- und Umlagerungsprozesse. Umwandlungsprozesse umfassen Umformungen und Umwandlungen innerhalb des Bodens, die zur Ausbildung von Horizonten führen. Dabei findet keine Verlagerung des Bodenmaterials zwischen den Schichten statt. Es laufen Abbauprozesse (z. B. Verwitterung von Gesteinen, Zersetzung von organischem Material) und Aufbauprozesse (z. B. Mineralbildung, Humifizierung) ab. Umlagerungsprozesse umfassen alle Verteilungs-, Verlagerungs- und Durchmischungsvorgänge im Boden, die zur Profildifferenzierung führen. Hierzu gehören z. B. Tonverlagerungen, Podsolierung, Turbation und Reduktionsvorgänge.


Verwitterung

Unter Verwitterung versteht man die Zerstörung und Veränderung von Mineralen und Gesteinen an der Erdoberfläche durch exogene (von außen einwirkende) Kräfte. Nach den vorherrschenden Faktoren unterscheidet man zwischen physikalischer und chemischer Verwitterung. Durch die physikalische Verwitterung wird das Gestein ohne chemische Veränderung in seine Bausteine zerlegt, z. B. durch:
  • Temperaturwechsel: Durch den Wechsel von Erwärmung und Abkühlung auf Sonnen- und Schattenseiten kommt es zur Volumenzu- und abnahme des Gesteins. Durch diese Volumenänderungen entstehen Spannungen, die Risse und Spalten verursachen und schließlich zum Zerfall der Gesteine führen.
  • Frostsprengung: In Rissen und Spalten von Gesteinen sammelt sich oft Wasser. Gefriert das Wasser, kommt es zu einer Volumenvergrößerung von 9 %. Es entwickelt sich eine starke Sprengwirkung, die die Steine zerkleinert.
  • Wurzelsprengung: Pflanzenwurzeln, die in Spalten von Gesteinen wachsen, können durch Dickenwachstum enorme Kräfte entwickeln. Sie können kleine Steine spalten oder auch Fußwege anheben.
Durch die chemische Verwitterung wird das Gestein entweder gelöst oder durch Umsetzung in andere Verbindungen überführt. Voraussetzung ist das Vorhandensein von Wasser. Durch Basen, Säuren und gelöste Gase (z. B. Kohlendioxid) im Wasser oder Boden kann die chemische Verwitterung erhöht werden.


Zersetzung

Nach dem Absterben werden organische Substanzen durch Organismen der Bodenflora (Pflanzen) und Bodenfauna (Tiere) angegriffen. Die Abbauintensität hängt von bestimmten Standortfaktoren ab und ist bei mittleren Feuchtigkeitsverhältnissen, guter Belüftung und optimalen Temperaturen am größten. Die Zersetzung findet in drei Phasen statt. Zuerst werden verschiedene Stoffe der abgestorbenen Pflanzenreste in kleinere Bausteine zerlegt, z. B. Stärke in Zucker. In einem nächsten Schritt kommt es zur mechanischen Zerkleinerung durch Bodenorganismen. Dabei wird der Zellverband des toten Materials durch Beißen und Zernagen zerstört. Abschließend bauen Mikroorganismen (z. B. Bakterien, Pilze) die übrigen organischen Verbindungen zu elementaren Grundbausteinen (C, H, O, N) ab. Diese werden von den Bodenorganismen aufgenommen und als Energiequelle genutzt.


Mineralbildung

Bei der Verwitterung werden Minerale je nach Verwitterungsintensität und -dauer abgebaut und in Zerfallsprodukte aufgelöst. Die Abbaustufen können so stark verändert sein, dass neue sekundäre Minerale entstehen. Ebenfalls ist die Synthese derartiger Minerale aus den Zerfallsprodukten möglich. So entstehen z. B. Tonminerale (= Minerale, die Wasser binden und Nährstoffe absorbieren können) durch Abbau und Umwandlung von Glimmern (= Silikat).


Humifizierung

Bei der Zersetzung werden organische Substanzen abgebaut. Dabei kommt es zur Freisetzung zahlreicher Zellinhaltsstoffe und Zellbestandteile, die in reaktionsfähige Spalt-, Zwischen- und Endprodukte umgesetzt werden. Diese können nun zu neuen, dunkel gefärbten, organischen Verbindungen zusammentreten – den Huminstoffen. Es gibt zwei Mechanismen der Humififzierung. Entweder werden vorhandene Pflanzenstoffe direkt zu Huminstoffen umgewandelt (z. B. aus Lignin, Gerbstoffen) oder es erfolgt eine Neubildung aus Spaltprodukten der Zersetzung.


Tonverlagerung

Bei der Tonverlagerung, auch Lessivierung genannt, kommt es zur Abwärtsbewegung von kleinen Tonpartikeln im Erdreich. Der Transport geschieht über schnell bewegliches Sickerwasser in den Poren des Bodens und in kleinen Rissen und Spalten. Lässt die Sickergeschwindigkeit des Wassers nach, lagert sich der Ton in tieferen Schichten des Bodens ab. Es entstehen ein an Ton ausgewaschener Oberboden und ein an Ton angereicherter brauner Unterboden.


Podsolierung

Podsolierung bezeichnet die abwärtsgerichtete Umlagerung von gelösten organischen Stoffen durch Sickerwasser. Dabei werden die organischen Stoffe zusammen mit Eisen und Aluminium als metallorganischer Komplex transportiert. In tieferen Bodenbereichen ändert sich der pH-Wert (= Anzahl der Wasserstoffionen). Der metallorganische Komplex zerfällt und die gelösten Stoffe setzen sich an Bodenpartikeln ab. Durch unterschiedliche Ausfällungsbedingungen entsteht ein differenziertes, farblich wechselndes Profilbild. Erst fallen die organischen Stoffe aus und färben den betreffenden Horizont schwarz. Darunter setzt sich zunächst Eisen und später Aluminium ab. Sie bewirken eine rostgelbe bis rostbraune Verfärbung des Bodens. Durch die Podsolierung entsteht vor allem in gemäßigten Klimaten der Bodentyp Podsol. Dieser Boden ist charakterisiert durch einen bleichen ausgewaschenen Oberboden und einen an organischen Stoffen, Eisen und Aluminium angereicherten Unterboden.


Turbation

Turbation bezeichnet alle Durchmischungsvorgänge. Bei der Bioturbation wird der Boden durch Bodentiere umgegraben und durchmischt. Kryoturbation bezeichnet die Durchmischung des Bodens durch Bodenfrost. Durch das Gefrieren und Auftauen von Bodenwasser werden größere Gesteinspartikel an die Erdoberfläche transportiert und ehemalige Eisspalten mit Schutt aufgefüllt. Hydroturbation ist in tonreichen Böden anzutreffen. Diese quellen bei Feuchtigkeit auf (durch Anlagerung von Wasser an die Bodenpartikel) und schrumpfen bei Trockenheit. Die entstehenden Trockenrisse füllen sich mit Feinmaterial. Auch hier kommt es zur Aufwärtsbewegung von groben Partikeln. Die anthropogene Turbation ist im oberen Bodenbereich anzutreffen und wird z. B. durch das Pflügen in der Landwirtschaft verursacht.


Reduktionsvorgänge

Bei Sauerstoffmangel im Boden, z. B. bei Staunässe, entstehen grüne, blaue oder schwarze Reduktionsfarben. Kommt es später zur Belüftung, bilden sich braune, rote oder gelbe Oxidationsfarben. Wichtige Prozesse sind Vergleyung (= Oxidations- und Reduktionsvorgänge in Grundwasserböden) und Pseudovergleyung (= Redoxvorgänge in Stauwasserböden).


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Sabine Seidel
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 15.04.2012