Taman Negara - Im ältesten Regenwald der Erde
Ein Reisebericht
Negara (Lehmenkühler)
Im Zentrum West-Malaysias liegt das mit 130 Millionen Jahren älteste tropische Primärwaldgebiet der Erde. Während andere Regionen den sich durch Kontinentalverschiebungen und Eiszeiten verändernden Klimata ausgesetzt waren, hat sich in diesem Gebiet klimatisch kaum etwas verändert. So konnten sich Flora und Fauna ungestört zu einer weltweit einzigartigen Vielfalt entwickeln.
Von dem kleinen Ort Kuala Tembeling aus beginnt unsere Anreise über den gleichnamigen Fluss Sungai Tembeling zum Taman Negara, dem mit 4.500 Quadratkilometern größten Nationalpark West-Malaysias. In Langbooten geht die 60 Kilometer lange Fahrt etwa drei Stunden lang flussaufwärts bis Kuala Tahan, dem Hauptquartier des Nationalparks.
Schon zu Beginn der Fahrt bekommen wir einen Eindruck vom Dschungel. Langsam bewegen wir uns auf dem schlammig-braunen, weitläufig mäandrierenden Fluss durch die endlos erscheinende Urwalddecke. Hin und wieder fliegt ein strahlendblauer Eisvogel die tiefgrüne Uferkulisse entlang. Seltener entdecken wir Warane, Makaken oder Nashornvögel, die durch das Motorengeräusch unseres Bootes aufgeschreckt werden. Ab und an können wir kleine Dörfer an den Ufern ausmachen. Vor palmenbedeckten Hütten waschen malaiische Frauen im knietiefen Wasser ihre Wäsche, spielende Kinder winken uns von weitem zu.
Nashornvogel (Lehmenkühler)
Am frühen Nachmittag erreichen wir das Camp. Wir schlagen unsere Zelte auf und bereiten uns bis zum Abend auf unsere bevorstehende Dschungel-Wanderung am nächsten Tag vor. Wie im Zeitraffer vergeht die Dämmerung, schnell umringt uns die tiefe Dunkelheit der tropischen Nacht. Das Urwald-Konzert der Frösche, Zikaden, Grillen, Geckos, Vögel und Affen durchdringt die Nacht. Durch die Zeltwände vernehmen wir leise Geräusche, die unsere Phantasie beschäftigen: Ist es eine Schlange auf Beutefang oder doch nur ein kleines neugieriges Nagetier, das durch unseren Geruch angelockt wurde? Mit dem plötzlich einsetzenden, wolkenbruchartigen Regen verstummt der laute Urwald-Chor schlagartig, mit ohrenbetäubendem Lärm prasselt der Regen auf die Blätter der nahen Bäume. Es kühlt leicht ab.
Am nächsten Morgen erstrahlt der Himmel in leuchtendem Blau, Schäfchenwolken segeln über die Urwalddecke des Taman Negara. Schnell sind die tropischen Tagestemperaturen von über 30 °C und eine Luftfeuchtigkeit von fast 90 % erreicht. Bevor wir uns mit dem einheimischen Führer auf den Weg machen, besprühen wir unsere Körper gegen die überall lauernden Moskitos und Blutegel. Ein Salzstreuer wird helfen, die unangenehmen Blutsauger von der Haut zu entfernen, sollte es ihnen trotz aller unserer Vorsichtsmaßnahmen gelungen sein, sich festzusaugen.
Brettwurzeln eines Mamutbaumes (Lehmenkühler)
Auf rutschigem Boden schlittern wir bergauf und bergab durch unwegsames Gelände. Mal versperrt uns eine dornige Rotangpalme (Rattan) den Weg, ein anderes Mal gilt es, ein kleines Urwaldflüsschen zu überqueren. Wir klettern über meterhohe Brettwurzeln und kriechen unter umgestürzten Bäumen hindurch. Immer wieder müssen wir stehen bleiben, um die Schönheiten der um uns wuchernden Vegetation wahrnehmen zu können oder den dahinflatternden riesigen Schmetterlingen nachzuschauen.
In Etagen strebt der Wald in die Höhe, von niedrigen Pflanzen und Farnen über Sträucher und Epiphyten zum geschlossenen Dach der Baumkronen und darüber hinaus zu vereinzelten Urwaldriesen, die bis zu 80 Meter hoch ragen.
Orang Asli-Siedlung (Lehmenkühler)
Nach fünfstündiger Wanderung blicken wir aus einiger Entfernung auf eine Orang Asli-Siedlung. Nur wenige der negroid anmutenden Ureinwohner Malaysias leben noch als Jäger und Sammler in den Wäldern. Die Regierung versucht zunehmend, die Stämme der Zivilisation zuzuführen und sesshaft zu machen.
Schon kündigt sich durch ein entferntes Grollen ein erneutes Tropengewitter an. Es wird Zeit, den Rückweg anzutreten.
Tage später liegt unser Dschungelabenteuer hinter uns. Auf dem Weg von Kuala Tembeling zurück in die malaysische Hauptstadt Kuala Lumpur begegnen wir immer wieder schwer beladenen Holztransportern und uns wird klar, wie bedeutsam Nationalparks wie der Taman Negara für uns Menschen sind.
Albert Lehmenkühler
arbeitet als Lehrer an deutschen Schulen im Ausland. In seiner Freizeit erkundet er mit seiner Kamera Land und Leute.
Seine dabei entstanden Fotodokumentationen finden Sie unter www.gesichtdererde.de.
Quelle: Geographie Infothek
Autor: Albert Lehmenkühler
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2006
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.08.2006
Autor: Albert Lehmenkühler
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2006
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 24.08.2006