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Liberale Wirtschaftpolitik in Estland


Lettland, Estland, Wirtschaftswachstum, Wirtschaftsbeziehungen, Baltikum

Insbesonder die konsequente liberale Wirtschaftspolitik war nach offiziellen Äußerungen dafür verantwortlich, dass Estland 1997 als erstes Land aus dem Baltikum zu Verhandlungen zur Aufnahme in die Europäische Union eingeladen wurde. (...)
Allerdings bedeutet dies nicht, dass sich die estnische Regierung nun zurücklehnen kann, im Gegenteil: Die Überzeugungsarbeit gegenüber der eigenen Bevölkerung mehrt sich durch die Tatsache, dass voraussichtlich 2003 die Bevölkerung in einem Referendum über den Beitritt Estlands abstimmen wird - auch wenn dies in der estnischen Verfassung nicht zwingend vorgeschrieben ist. Neben der Frage, inwieweit der freie Zugang ausländischer Investoren bestehende Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und in anderen Industriezweigen gefährden wird, existieren auch innerhalb der Bevölkerung latente Vorbehalte hinsichtlich der Aufgabe von Teilen der staatlichen Souveränität. (...)
Eine Ursache für den Erfolg der estnischen liberalen Wirtschaftspolitik liegt (...) zu einem großen Teil darin begründet, dass diese von der Bevölkerung trotz aller Widrigkeiten in wesentlichen Punkten ohne innere Unruhen mitgetragen wurde und der Wunsch nach sozialpolitischer Teilhabe am sozioökonomischen Aufholprozess für lange Jahre unterblieben ist. (...)
Am Beispiel Estlands lässt sich exemplarisch nachvollziehen, dass dieser baltische Staat seine außenpolitischen Ziele durch enge Kooperation mit seinen skandinavischen Nachbarn und durch eine bedingungslose Unterwerfung unter die marktwirtschaftlichen Gesetze erreichen konnte (...). In der Rolle des Musterschülers hat sich Estland unter den Beitrittskandidaten einen hervorragenden Ruf erworben, während seine baltischen Nachbarn - unter anderem durch zeitweilige Beteiligung der Kommunistischen Partei an der Regierungsbildung und durch russische Interventionen - in der westeuropäischen Öffentlichkeit und Publizistik immer noch nicht die Weihen eines "Tigerstaates" erlangen konnte.


Quelle: Estland - ein baltischer Tiger? / Europäische Rundschau 3/2002
Autor: Frank Leptien
Quellendatum: 2002
Seite: 75 ff.
Bearbeitungsdatum: 15.05.2006
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