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... alles läuft über Taschkent
Internationales Logistikzentrum geplant


Usbekistan, Taschkent, Wirtschaftszentrum, Industrie, Verkehrsknotenpunkt, Transport, Logistiknetze

Die Stadt Taschkent bildet mit ihrem Umland das bedeutendste Wirtschaftszentrum Usbekistans. Hier leben mit über vier Millionen Menschen über 20 Prozent der Bevölkerung des Landes. Gleichzeitig spielt Taschkent, gelegen an der traditionsreichen Seidenstraße, als Verkehrsknotenpunkt eine zentrale Rolle und verfügt über den wichtigsten internationalen Flughafen in Mittelasien.

Eines der Hauptprobleme Usbekistans und der Stadt sind die großen Entfernungen zu den Weltmärkten und die damit verbundenen hohen Transportkosten und langen Transportzeiten. Dies hat negative Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit usbekischer Exportwaren auf den Weltmärkten und ist einer der Gründe dafür, dass das Tempo der Wirtschaftsentwicklung hinter den Möglichkeiten des Landes zurückbleibt. Seit einigen Jahren unternimmt die usbekische Regierung, mit Unterstützung internationaler Finanzorganisationen, verstärkt Anstrengungen, die Verkehrsinfrastruktur des Landes zu modernisieren. Dazu gehören die Elektrifizierung und der Ausbau von Eisenbahnstrecken, Ausbau und Sanierung des Straßennetzes und die Modernisierung der Flughäfen des Landes.


Anbindung an internationale Logistiknetze

Moderne Terminals zur Versorgung der Millionenstadt fehlen fast völlig. Der Bestand an Lagerflächen und Abfertigungseinrichtungen ist veraltet, die Lage der Objekte ist zum großen Teil ungünstig. Die einstmals am Stadtrand errichteten Objekte befinden sich nun – bedingt durch das Wachstum der Stadt – in zentralen Stadtteilen. An die Stelle der aus sowjetischen Zeiten stammenden (und nunmehr kaum noch lebensfähigen) Industriegiganten treten im Wirtschaftsleben zunehmend kleine und mittlere usbekische Firmen und Joint Ventures mit ausländischen Unternehmen, die erhöhte Anforderungen an Logistik und Transportdienstleistungen stellen und nicht mehr – wie traditionell üblich – über eigene Lager und Transportmittel verfügen.
Diese Faktoren bildeten die Basis für Überlegungen zur Schaffung eines internationalen Logistikzentrums bei Taschkent, das vor allem eine Anbindung der mittelasiatischen Metropole Taschkent an internationale Logistiknetze und Transportrouten herstellen soll. Neben der Verbesserung der Qualität der Transport- und Logistikdienstleistungen in Usbekistan soll das Projekt im Rahmen eines Private- Public- Partnership den Transfer von westlichem Know-how fördern und zur Modernisierung der Wirtschaftsstrukturen insgesamt beitragen. Nach Erfahrungen aus westlichen Staaten sollten im Idealfall insgesamt drei Logistikzentren die Güterströme aus und in eine Stadt von der Größe Taschkents koordinieren helfen. Das geplante internationale Logistikzentrum ist folglich ein Pilotprojekt für den Aufbau eines nationalen Logistiknetzes, dem weitere Projekte im Taschkenter Raum und in den wichtigsten Wirtschaftsgebieten Usbekistans folgen sollen. Initiiert wurde das Projekt im Jahr 1996 durch Daimler-Benz und Dornier. Der Konzern finanzierte eine Vorstudie zum Projekt „Internationales Logistikzentrum Taschkent“, die die Annahmen zur Wirtschaftlichkeit des Projektes bestätigte. Im Sommer 1999 hat Dornier SystemConsult gemeinsam mit der britischen Consulting – Firma GIBB und lokalen Partnern mit den Arbeiten zur Projektentwicklung im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Usbekistan begonnen. Finanziert werden die Arbeiten über die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden auf einer Investorenkonferenz Ende Mai 2000 in Taschkent vorgestellt. Mehr als 200 Teilnehmer aus 140 Unternehmen, Banken, staatlichen Einrichtungen und Organisationen folgten der Einladung der KfW, des Ministerium für Außenwirtschaftsbeziehungen und Dornier SystemConsult. Mehr als 90 internationale Unternehmen waren vertreten. Schon während der Konferenz wurde deutlich, dass die internationale Transportwirtschaft dem Projekt ungeachtet der schwierigen wirtschaftlichen und politischen Situation in Usbekistan durchaus positiv gegenübersteht.


Optimale Voraussetzungen am Rande der Stadt

Für das Projekt wurde ein Standort gefunden, der – nur sechs Kilometer außerhalb der Stadt gelegen – optimale Voraussetzungen für den Bau eines Logistikzentrums bietet: Es ist eine direkte Anbindung an die wichtigste nationale Bahnlinie Taschkent - Samarkand und die nach Samarkand und in die westlichen Landesteile führende Hauptmagistrale gegeben. Die Realisierung des Projektes auf insgesamt etwa 60 Hektar soll in drei Phasen erfolgen. Neben modernen Lagerhauskomplexen für verschiedene Warengruppen, Umschlageinrichtungen und Verpackungslinien sollen ein moderner Truckport mit Serviceeinrichtungen für Fahrer und Fahrzeuge, ein Motel sowie ein moderner Containerterminal (dem eine Schlüsselrolle zukommt) insgesamt die gesamte Palette von logistischen und Transportdienstleistungen anbieten. In einer ersten Phase soll etwa ein Drittel der Gesamtfläche infrastrukturell erschlossen werden. Hierzu gehören der Eisenbahnanschluss, die Anbindung an die Hauptstraße, die Versorgung der Grundstücke mit Strom, Gas, Wasser sowie Telekommunikation und Entsorgungseinrichtungen. Für die Ansiedlung von produzierenden Unternehmen und Dienstleistungsfirmen sind im Umfeld des geplanten Logistikzentrums weitere Flächen verfügbar. Die usbekische Regierung hat dem privatwirtschaftlichen Projekt ihre volle Unterstützung zugesagt. Auch hier wurde in Usbekistan Neuland beschritten: Obwohl der Staat bei der Finanzierung des Baus der Infrastruktur für das Internationale Logistikzentrum eine wichtige Rolle spielen wird, sollen staatliche Organisationen nur 49 Prozent der Anteile an der zu gründenden Entwicklungsgesellschaft halten, die restlichen Anteile sollen in Form einer Ausschreibung an internationale und nationale private Unternehmen vergeben werden. Der staatliche Anteil wird im Verlauf der ersten Jahre auf 26 Prozent gesenkt. Das Grundstück soll nach Bewertung durch ein internationales Unternehmen die Grundlage für die Beteiligung des Staates bilden.
Hintergrund des staatlichen Engagements für ein privatwirtschaftliches Projekt ist das Bestreben der usbekischen Regierung, über den Aufbau von modernen, multi-modalen Transportketten die Transportkosten (und -verluste) für Exportprodukte, vor allem Baumwolle, zu senken. Weiterhin sieht man eine reale Chance, durch den Aufbau von modernen Strukturen im Transportbereich die anderswo alltäglichen Probleme von Millionenstädten zu vermeiden, zusätzliche Flächen im Innenstadtbereich für die Stadtentwicklung zu gewinnen und so dem Anspruch Taschkents als einer modernen Metropole in Mittelasien gerecht zu werden.
Gleichzeitig wurde in der Entwicklung der usbekischen Position zum Projekt deutlich, dass man in dem bisher in Usbekistan vergleichsweise schwach entwickelten Privatsektor zunehmend einen Motor für die Wirtschaftsentwicklung insgesamt sieht und die bisher recht vorsichtigen Reformbestrebungen beschleunigen will. Das Internationale Logistikzentrum soll die Attraktivität des Standortes Taschkent für Auslands-Investoren erhöhen. Eine wichtige Voraussetzung für den bisherigen Erfolg des Projektes (und seine spätere Realisierung) ist die Aufgeschlossenheit der usbekischen Partner und ihr Interesse an der Realisierung des Projektes. Neben dem Ministerium für Außenwirtschaftsbeziehungen Usbekistans ist hier vor allem die Assoziation der Internationalen Spediteure Usbekistans zu nennen, die das Projekt von Beginn an unterstützt und begleitet.
Durch die Konferenz ist das Projekt seiner Realisierung ein gutes Stück näher gekommen. Die Wochen nach der Konferenz wurden dazu genutzt, die Interessenslagen der einzelnen interessierten Unternehmen und potenziellen Investoren auszuloten. Dabei hat sich gezeigt, dass vor allem mittlere Transportunternehmen mit einer Beteiligung am ILC gute Chancen für die Festigung ihrer Marktpositionen in Usbekistan verbinden. Insgesamt haben etwa 50 Unternehmen gegenüber Dornier SystemConsult ihr Interesse an diesem Projekt geäußert. Nach der Auswertung der Ergebnisse der Investorenkonferenz soll ab Oktober unter Berücksichtigung der Vorstellungen der potenziellen Investoren mit der Ausarbeitung einer vollständigen Feasibility - Studie begonnen werden, die zum Jahresende vorliegen soll. Als möglicher Termin für den Baubeginn sowie die infrastrukturelle Erschließung des Territoriums für das „Internationale Logistikzentrum Taschkent“ wird der Herbst des kommenden Jahres ins Auge gefasst.

Kontakt: Dornier SystemConsult GmbH, Berlin Tel.: 030/25 39 91 0 Fax: 030/ 25 10 20 6


Quelle: ... alles läuft über Taschkent in OST-WEST-CONTACT 10/2000
Autor: Horst Sauer und Andreas Schön
Verlag: OST-WEST-CONTACT
Ort: Münster
Quellendatum: 2000
Seite: 56
Bearbeitungsdatum: 13.05.2006
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