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Infoblatt footloose industry

Nicht standortgebundene Wirtschaftszweige (footloose industry)

Unter footloose industry werden nicht standortgebundene Wirtschaftszweige verstanden. Für die der footloose industry zuzurechnenden Unternehmen ist es in der Regel gleichgültig, wo ihre Produktionsstätten liegen. Diese Branchen brauchen keine besonders ausgebildeten Arbeitskräfte, die für den Produktionsprozess benötigten Rohstoffe sind ubiquitär und auch Fühlungsvorteile (Kontaktvorteile zu anderen Unternehmen der gleichen Branche, Zulieferern, Behörden etc.) sind nicht sonderlich wichtig. Als Ubiquitäten werden überall vorkommende Stoffe, die keinen Einfluss auf den Standort eines Betriebes ausüben, bezeichnet. Ubiquitäten können beispielsweise Wasser und Strom sein, sofern sie in einem Gebiet in annähernd gleichen Preisen und gleichen Mengen zur Verfügung stehen. Wenn die in der Produktion eingesetzten Materialien weit verstreute Herkunftsorte haben, dann entstehen letztlich nirgends Transportkostenvorteile. So kann die Wahl des Standortes nach den für die Unternehmensfunktion jeweilig besten Standortfaktoren weltweit erfolgen.
Ermöglicht wird dies nicht nur durch die Zerlegbarkeit der Produktionsprozesse, sondern auch verbesserte Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten und die gleichzeitige Verfügbarkeit von billigen Arbeitskräften lassen bestimmte Wirtschaftsbranchen zu einer footloose industry werden. Eine Schuhfabrik, die Massenware produziert, kann beinahe überall angesiedelt werden. Da die Produktionsschritte sehr arbeitsintensiv sind, wird der Standort nach Personalkosten ausgewählt. Mit anderen Worten, da wo die Lohnkosten vergleichsweise gering sind, wird der Produktionsstandort ausgewählt. Aber nicht nur industrielle Branchen sind davon betroffen. Im Dienstleistungssektor können mittlerweile auch einige Zweige ihre Unternehmensstandorte fast überall ansiedeln. Kein Standort verfügt über Faktoren, die nicht an zahlreichen anderen Standorten ebenso verfügbar oder zumindest herstellbar wären. Nahezu jeder Standort kann von einem Unternehmen zu einem Produktionsstandort entwickelt werden. Die Weltwirtschaft ist demnach ein globales Produktionssystem mit nicht gebietsgebundenen Ressourcen und austauschbaren Standorten.
Der Gegensatz zur footloose industry sind schließlich standortgebundene Industriezweige mit Bindung an Rohstofffundorte. Traditionell sind solche Ressourcen natürliche Faktorausstattungen wie beispielsweise Edelmetalllagerstätten, Lagerstätten fossiler Brennstoffe oder der Steine- und Erdenbereich. Für den industriellen Sektor, aber vielmehr noch für den Dienstleistungsbereich spielen inzwischen auch lokale sozio-institutionelle Strukturen wie Normen, Regeln, Konventionen und die in tactic knowledge gespeicherte Fähigkeiten eine Rolle. Tactic knowledge ist stilles, an bestimmte Personen gebundenes Wissen. Zumindest teilweise wird dadurch ein an ein bestimmtes Territorium gebundener Interaktionsrahmen für eine Menge von Akteuren geschaffen. Es bestehen also gegensätzliche Tendenzen zwischen weltweiten Verfügbarkeiten von Produktionsfaktoren (die die footloose industry erst ermöglichen) und solchen, die nur an bestimmten Orten vorkommen.

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