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Spinoza, Baruch de

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Lebenslauf

geboren: 24. November 1632 in Amsterdam
gestorben: 21. Februar 1677 in Den Haag

Spinoza wurde als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie, die von Portugal in die Niederlande eingewandert war, geboren. Über seine Jugend und Ausbildung ist so gut wie nichts bekannt. Als er 22 Jahre alt war, starb sein Vater und Spinoza musste das Familienunternehmen weiterführen. Als er die Verschuldung des Geschäftes erkannte, übergab er die Leitung jedoch an einen Verwandten. In den 1650er Jahren kam Spinoza in Kontakt mit „freidenkenden“ Protestanten, den Mennoniten, lernte Latein und wurde so mit dem Gedankengut von René Descartes und der Spätscholastik vertraut. Nach der wiederholten Äußerung von Zweifeln an wichtigen jüdischen Glaubenslehren wurde er am 27. Juli 1656 wegen „schrecklicher Irrlehren“ aus seiner Gemeinde verbannt. Seinen Lebensunterhalt verdiente er durch Schleifen optischer Linsen und die Herstellung von Mikroskopen und Ferngläsern. 1669 zog Spinoza nach Den Haag. 1673 erhielt er einen Ruf auf eine Professur an der kurpfälzischen Universität Heidelberg, den er jedoch ablehnte, um im Denken weiter frei zu sein. Sein 1670 erschienener „Theologisch-politischer Traktat” wurde zwei Jahre später von der Kirche verboten und brachte ihm – obwohl anonym erschienen – den Ruf eines Ketzers ein. Sein eigentliches philosophisches Hauptwerk, die „Ethik“, konnte erst nach seinem plötzlichen Tod im Jahre 1677 erscheinen.


Bedeutung

Baruch de Spinoza war ein niederländischer Philosoph und einer der radikalsten Denker der Neuzeit. Er vertrat einen rationalistischen Standpunkt und gilt als einer der Begründer der modernen Bibelkritik. Besonders seine Gleichsetzung von Natur und Gott in einer einzigen Substanz hat die nachfolgende Philosophie (Kant, Fichte, Hegel, Schelling) und Literatur (Lessing, Goethe, Hölderlin) merklich beeinflusst.


Lehre und Gedanken:

Ausgangspunkt von Spinozas Denken ist die Forderung, die Philosophie aus jeglicher Gotteskonvention herauszulösen, damit sie als Lebenslehre dienen könne. Damit geriet Spinoza schon sehr früh in Konflikt mit seiner jüdischen Gemeinde, aber auch mit der herrschenden kirchlichen Ordnung in Europa.
In seinem 1670 vorsorglich anonym erschienenen „Theologisch-politischen Traktat“ sprach Spinoza sich für Denkfreiheit, eine säkularisierte Gesellschaftsordnung, die Legitimität von Religions- und Bibelkritik und religiöse Toleranz aus.

Es ging Spinoza aber nicht um eine Absage an Religion und Glauben, sondern um eine Versöhnung von Glauben und Wissen. Diese Versöhnung schien in der Neuzeit im aufbrechenden Streit zwischen den Heilsangeboten der Religion und den Heilsangeboten der gerade erblühenden Naturwissenschaften (= sicheres Wissen) absolut dringlich geworden. Diesen Versöhnungsversuch unternimmt Spinoza vor allem in seinem Hauptwerk „Ethik, nach geometrischer Methode dargestellt”. In seiner „Ethik“ versuchte Spinoza ganz naturwissenschaftlich mit ‚Grundbegriffen’, ‚Axiomen’, ‚Theoremen’, Demonstrationen’ usw. zu operieren, nur dass er damit keine Geometrie, sondern Metaphysik und Ethik betrieb. Das Werk handelt in fünf Teilen von Gott, von der Seele, von den Affekten, von der menschlichen Unfreiheit durch die Leidenschaften und von der menschlichen Freiheit durch die Macht des Verstandes.
Spinoza nahm eine einzige Substanz an, die alles ist und darum auch göttlich oder gleichbedeutend mit Gott.

„Deus sive substantia sive natura – Gott bzw. die Substanz bzw. die Natur“ (Spinoza: Ethik)

Die Annahme einer einigen, unendlichen und unteilbaren Substanz ist die unhintergehbare Grundlage des ontologischen und erkenntnistheoretischen Systems Spinozas. Die Einzeldinge sind dabei nur Modifikationen der einen göttlichen Substanz. Damit ist aber die Identität von Welt und Gott behauptet, was zu Spinozas Lebzeiten und auch noch bis ins 19. Jahrhundert hinein eine schockierende Position war. So verwundert es auch nicht, das Spinoza zu seinen Lebzeiten von kirchlicher Seite als gefährlicher Pantheist und Atheist geschmäht wurde. Noch zum Ende des 18. Jahrhunderts löste Spinozas Gleichsetzung von Natur und Gott den für die deutsche Philosophiegeschichte höchst ertragreichen „Pantheismusstreit“ aus, in dem solch namhafte Denker wie Jacobi, Herder, Lessing, Goethe, Kant und später auch Schelling und Fichte sich zu Wort meldeten.


Hauptwerke von Spinoza

„Theologisch-politischer Traktat” (1670 anonym veröffentlicht)
Baruch Spinoza: Theologisch-politischer Traktat. Hamburg: Meiner 2006.

„Ethik, nach geometrischer Methode dargestellt” (1677 postum erschienen)
Baruch Spinoza: Ethik, nach geometrischer Methode dargestellt. Hamburg: Meiner 2007.


Über Spinoza

Wolfgang Röd: Benedictus de Spinoza: Eine Einführung in sein Denken aus dem Geist der Geometrie. Stuttgart: Reclam 2002.

Helmut Seidel: Spinoza zur Einführung. Hamburg: Junius 1994.


Quelle: Ernst Klett Verlag GmbH
Ort: Stuttgart
Quellendatum: 2010

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