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Infoblatt Nils Adolf Erik Nordenskiöld (1832 - 1901)


Nils Adolf Erik Nordenskiöld - eine Kurzbiographie

Der spätere Baron Nils Adolf Erik Nordenskiöld wurde am 18. November 1832 in Helsinki (damals Helsingfors) als Sohn schwedischer Eltern geboren. In der Schule zeigte er eher mäßige Leistungen. Dass aus Nordenskiöld einmal ein hervorragender Wissenschaftler und einer der größten Polarforscher werden sollte, ahnten seine Lehrer nicht. Wegen seiner politischen Ansichten musste er das russisch besetzte Finnland bald verlassen und nach Schweden emigrieren.

Schon während seines Studiums in Helsinki hatte sich gezeigt, dass Nordenskiöld sehr wohl über herausragende wissenschaftliche Fähigkeiten verfügte. Das erkannte man in Schweden und berief den jungen Wissenschaftler zum Intendanten der Mineralogischen Abteilung des Reichsmuseums. Neben der Mineralogie interessierten ihn auch die Geologie und die Erforschung der unbekannten Weiten des Nordpolargebietes.

Als sich 1858 eine Gelegenheit bot, griff Nordenskiöld sofort zu und nahm an einer Expedition nach Spitzbergen teil. Die Expedition untersuchte und kartografierte die Insel, vor allem deren Westküste. Drei Jahre später kam Nordenskiöld wieder nach Spitzbergen, wo er u. a. Ringelgänse beobachtete und aus ihrem Verhalten schlussfolgerte, dass im Nordosten Land sein musste – eine Vermutung, die sich mit der späteren Entdeckung des Franz-Josef-Landes bestätigte.

Die dritte Expedition 1868 zur Erforschung der südlich von Spitzbergen gelegenen Bäreninsel leitete Nordenskiöld selbst. Danach unternahm der nun anerkannte Polarforscher mit der "Sofia" einen Vorstoß zum Nordpol, scheiterte jedoch bei 81° 42' am Packeis. Er kam zu der Überzeugung, dass der Nordpol nicht auf dem Seeweg zu erreichen sei. Erfolglos war auch der Versuch, von Spitzbergen aus das sagenhafte "Giläsland" im Osten zu entdecken. Trotzdem kehrte die Expedition mit wertvollen neuen Erkenntnissen zurück. Nordenskiölds Leistungen und die seiner Wissenschaftler fanden mit Auszeichnungen in London und Paris auch internationale Anerkennung.

Seit dem ersten Vorstoß war Nordenskiölds Ehrgeiz geweckt, den Nordpol zu erreichen. Er wollte mit Schlitten zum Pol, wusste aber nicht, ob Rentiere oder Hunde die besseren Zugtiere waren. Um diese Frage zu klären, fuhr er 1870 nach Grönland. Von der Insel war er so fasziniert, dass er sofort mit dem schwedischen Botaniker Dr. Berggren und zwei Inuit das Inlandeis bestieg. Mit den im Eis entdeckten Sporenkulturen wurde eine Ursache für die Pflanzenbildung in der Polarregion herausgefunden. An der Küste zeigten Inuits den schwedischen Forschern dann noch etwas ganz Besonderes: Meteoritengestein. Mit dem 20 Tonnen schweren Sensationsfund kehrte die Expedition nach Schweden zurück. Auch die Frage der Zugtiere hatte sich entschieden. Die Wahl fiel auf Rentiere, weil zum Zeitpunkt der Expedition die Hunde in Grönland an einer Seuche litten.

Im Juli 1872 begann Nordenskiöld seine Nordpolexpedition. In Spitzbergen traf er auf ungewöhnlich schlechte Eisverhältnisse. Die Überwinterung brachte zusätzliches Ungemach: Erst musste die Expedition mit schiffbrüchigen Walfängern den Proviant teilen, so dass die Vorräte bedenklich schmolzen. Dann entliefen bei einem Schneesturm sämtliche Rentiere. Als auch noch die meisten Lastschlitten verloren gingen, musste die Eroberung des Nordpols aufgegeben werden. Stattdessen erforschten und kartografierten Nordenskiöld und seine Männer den Norden Spitzbergens und untersuchten das Inlandeis der Insel Nordostland. So kehrte die Expedition im August 1873 trotz aller Widrigkeiten mit reicher wissenschaftlicher "Beute" nach Göteborg zurück.

Spitzbergen war jetzt fast vollständig erkundet. Nordenskiölds neues Ziel hieß nun Nordostpassage. 1875 stach er mit der "Pröven" in See, erreichte zuerst die Doppelinsel Nowaja Semlja, danach die Halbinsel Jamal und im August die Mündung des Jenissei. An dessen Ufern setzte Nordenskiöld mit zwei Forschern und drei Walrossjägern die Reise fort, während die "Pröven" nach Tromsø umkehrte. Bei den umfangreichen Forschungen wurde ein Gebiet von über 5,5 Millionen km² durchquert – Europa ohne Russland ist knapp 4,5 Millionen km² groß. Dabei hatte die Expedition zum ersten Mal mögliche Handelswege in das Innere Sibiriens erkundet.

Aber in Schweden stießen die neuen Erkenntnisse über Sibirien auf viel Skepsis. So machte sich Nordenskiöld 1876 erneut auf den Weg in die sibirischen Weiten, um neue Beweise für seine Erkenntnisse zu finden. Dieses Mal setzte er auf zwei Expeditionen: Eine fuhr wieder zur Mündung des Jenissei, die andere sollte genau dorthin über den Landweg vordringen. Obwohl sich beide Expeditionen am Ende um 40 Kilometer verfehlten, war das Unternehmen erfolgreich, denn zum ersten Mal wurden sibirische Waren über den nördlichen Seeweg aus Asien nach Europa transportiert – ein entscheidender Durchbruch in der Welthandelsschifffahrt.

Dieser Erfolg stachelte den Schweden bei der Suche nach der Nordostpassage weiter an. Im Juli 1878 brach er erneut zum Jenissei auf, dieses Mal mit vier Schiffen. Von dort aus setzten die "Vega" und die "Lena" den Weg allein fort. Auf der Fahrt zum Kap Tscheljuskin wurden neue, genaue Karten angefertigt, die für nachfolgende Seefahrer von unschätzbarem Nutzen waren. Am 19. August war Kap Tscheljuskin erreicht, das nördlichste Kap der Alten Welt – ein Riesenerfolg, der mit voller Beflaggung und Kanonenschüssen gefeiert wurde. Auf dem Rückweg trennten sich die beiden Schiffe an der Lenamündung. Die "Lena" fuhr nach Jakutsk und sendete Berichte vom Erfolg nach Schweden.

Doch von der "Vega" hörte man nichts mehr. Die Schweden begannen, sich Sorgen zu machen. Sollte etwa ihrem bedeutendsten Polarforscher etwas zugestoßen sein? Diese Frage bewegte auch andere. So beauftragte ein amerikanischer Verleger seinen Kapitän, der eigentlich zum Nordpol aufbrechen sollte, Nordenskiöld und seine Männer zu suchen. Auch der Russe Alexander Sibiriakow, ein Förderer von Nordenskiöld, ließ in kürzester Zeit ein Schiff bauen, das die Vermissten suchen sollte. Doch all diese Rettungsversuche brauchte es glücklicherweise nicht, denn die verschollene Nordenskiöldexpedition war wieder aufgetaucht.

Die Nachricht, die ganz Schweden aufatmen ließ, kam aus dem fernen Irkutsk am Baikalsee. Dorthin hatte ein Tschuktsche einen Brief Nordenskiölds befördert, denn der Schwede und seine Männer saßen auf der Tschuktschenhalbinsel im Eis fest. Dort waren sie am 27. Oktober, nur 115 Meilen von der Beringstraße entfernt, eingefroren und hatten um wenige Stunden die Durchfahrt der Nordostpassage innerhalb eines Jahres verpasst. Erst nach fast 300 Tagen im Eis kam die "Vega" 1879 wieder frei und segelte nach Japan. Nordenskiöld hatte die Nordostpassage mit seinen Männern als erster bezwungen. Die Heimfahrt über den Suezkanal wurde für die ganze Mannschaft zu einem unglaublichen Triumphzug.

Die nachfolgenden Jahre war Nordenskiöld mit der wissenschaftlichen Auswertung seiner Forschungs- und Entdeckungsreisen beschäftigt. Seine letzte Polarreise führte den 51-Jährigen 1883 nochmals nach Grönland. Seine Verdienste um die Nordpolarforschung blieben bis heute unvergessen. Man kann das u. a. an den unzähligen Straßen und Plätzen erkennen, die in Russland und mehreren nordeuropäischen Ländern nach einem der größten Forschungsreisenden Schwedens und Europas benannt wurden.


Sein Leben in Zahlen und Fakten

  • geb. 1832
    Der Schwede Nils Adolf Erik Nordenskiöld wurde 1832 in Helsinki geboren.
  • 1849 bis 1855
    Nach seinem Studium in Helsinki siedelte Nordenskiöld von Finnland, das damals noch zum russischen Zarenreich gehörte, nach Schweden über. Dort wurde er Professor an der Wissenschaftsakademie in Stockholm. In den Jahren 1853/54 nahm er an einer Forschungsreise durch das russische Uralgebiet teil.
  • 1858 bis 1872
    Der bereits bekannte Forschungsreisende bereiste und erforschte die Insel Spitzbergen insgesamt vier Mal (1858, 1861, 1868, 1872).
  • 1870 und 1883
    In diesen beiden Jahren nahm Nordenskiöld an zwei Expeditionen durch Grönland teil.
  • 1875/76
    Der Schwede besegelte und erforschte die Karasee.
  • 1878/79
    Mit dem Walfänger "Vega" entdeckte er den Zugang zum nördlichen Seeweg nach Asien. Sein Schiff fror aber im Eis fest, so dass die Mannschaft zehn Monate überwintern musste. Über das Beringmeer kehrte Nordenskiöld von seiner letzten großen Entdeckungsreise wohlbehalten nach Schweden zurück.
  • 1882 bis 1887
    In einem fünfbändigen wissenschaftlichen Werk wertete Nordenskiöld seine Forschungsfahrten aus. Er hinterließ neben seinen wissenschaftlichen Werken eine wertvolle Kartensammlung, die sich heute in der Universität Helsinki befindet.
  • 1901
    Der hochgeehrte Mineraloge, Geologe, Geograph und Polarforscher Nils Adolf Erik Nordenskiöld starb in Stockholm.



Quelle: Geographie Infothek
Autor: Dr. Klaus-Uwe Koch
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 03.06.2012