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Infoblatt Sir John Franklin (1786 - 1847)


Sir John Franklin - eine Kurzbiographie

John Franklin – einer der bekanntesten und umstrittensten englischen Forschungsreisenden – wurde 1786 geboren. Bereits mit 12 Jahren ging er zur See, mit 15 zur Royal Navy. Als Offizier nahm er an zahlreichen Seeschlachten teil. Doch der ehrgeizige Franklin suchte eine neue Herausforderung. Außerdem waren ihm die drakonischen Strafen in der britischen Marine wie das Auspeitschen von Matrosen zuwider.

Der gestandene Offizier meldete sich 1818 freiwillig für eine Polarexpedition der britischen Admiralität, die schon lange nach einem nördlichen Seeweg zu den asiatischen Kolonien, besonders nach Indien suchte. Die Admiralität ging von der Annahme aus, dass das Gebiet um den Nordpol herum eisfrei sein musste und dass die Eisbarrieren, die bei Grönland begannen, nur das letzte Hindernis zum offenen Wasser um den Nordpol seien. Unter dem Befehl von Captain David Buchan stach die Expedition mit Franklin als zweitem Befehlshaber von Spitzbergen aus in See. Sie kehrte im Oktober ohne nennenswerte Ergebnisse nach England zurück.

1819 vertraute man nun Franklin selbst die Leitung einer weiteren Expedition an, die das Gebiet oberhalb des Polarkreises im heutigen Nordwestkanada erforschte und kartierte. Bei ihrer Rückkehr 1821 wurde Franklin als Held der Arktis gefeiert, obwohl elf seiner Männer ums Leben gekommen waren. Der 1822 erstmalig erschienene Reisebericht heizte die Euphorie noch an, denn der Autor konnte mit allem aufwarten, was wirklich spannende Abenteuerliteratur ausmacht: neue Entdeckungen, Strapazen und Entbehrungen, Kannibalismus und Hungertod.

Die Erkundung Kanadas hatte 1819 von der Hudson Bay aus begonnen. Dann ging es nordwärts. Im März 1820 erreichte Franklin den Lake Athabasca und im Juli Fort Providence am Great Slave Lake, um schließlich 250 Meilen weiter nördlich mit 15 Männern zu überwintern. Im Juni 1821 zog man weiter, aber die Vorräte hatten bedenklich abgenommen. Für die damit heraufziehende Gefahr war Franklin blind, er suchte fanatisch die nordwestliche Passage. Den Rückzug befahl er erst im August – ein schwerer Fehler, denn schon nach wenigen Tagen waren die Nahrungsmittel aufgebraucht.

Im Oktober teilten sich die Männer in Gruppen auf. George Back, ein Kartograph, machte sich mit einer Gruppe in der Hoffnung auf den Weg, bei Indianern Lebensmittel zu finden. Franklins Gruppe löste sich bald in immer kleinere Trupps auf. Einige der völlig ausgehungerten Männer wurden immer aggressiver und belauerten sich gegenseitig. Es gab Einzelfälle von Mord und Kannibalismus. Franklin selbst war dem Tode nah. Dass er überlebte, war George Back zu danken, der tatsächlich Indianer gefunden hatte, die Franklin und den Rest seiner Männer schließlich retteten.

Die Expedition hatte ihre Ziele allerdings verfehlt. Ein Grund war die schlechte Ausrüstung der Expedition durch die britische Admiralität. Aber auch Franklin trug Mitschuld. Er zeigte sich als Seeoffizier mit einer Landexpedition überfordert und hatte schwere Fehlentscheidungen getroffen. Doch die Engländer feierten ihn, weil er im kanadischen Winter seine Schuhe gegessen und mit wenigen überlebt hatte.

An einem solchen Mann kam auch die Admiralität nicht vorbei, als 1824 die Vorbereitungen für eine neuerliche Polarexpedition anliefen. Franklin hatte aus den kanadischen Erfahrungen gelernt und sich ausreichend mit Nahrungsmitteln eingedeckt. Jetzt nahm er auch leichte, aber widerstandsfähige Boote aus Mahagoni- und Eschenholz mit. 1825 begann diese zweite Expedition wieder am Hudson River, folgte aber dann dem Lauf des Mackenzie bis zur Mündung an der Beaufort Sea. Nach einer Überwinterung erforschte man das Gelände in zwei Gruppen und kartierte die Küsten Alaskas. Die Expedition endete 1827 nach einer Reise von über 2.000 Meilen – dieses Mal ohne Todesfälle.

Obwohl Franklin für seine Verdienste geadelt wurde, war sein Stern im Sinken. Die Admiralität vergab keine Aufträge mehr an ihn, denn er hatte weder die Nordwestpassage noch den Nordpol gefunden. Zwischen 1830 und 1833 befehligte er lediglich eine kleine Fregatte. 1836 ging er als Gouverneur einer Strafkolonie nach Australien und kehrte erst 1844 zurück nach England, wo das Interesse an der Polarforschung durch die Antarktisreisen von James Clark Ross (1839 bis 1843) wieder gestiegen war. Die Admiralität wollte nun unbedingt die Nordwestpassage finden. Ende 1844 waren die Vorbereitungen zur Expedition mit Franklin als Leiter abgeschlossen. Es sollte seine letzte große Entdeckungsreise werden, die für alle Beteiligten in einer Tragödie endete.

Mit der "Erebus" und der "Terror" brachen am 19. Mai 1845 134 Mann nach Grönland auf und segelten in den Gewässern nördlich der Insel. Am 25. Juni 1845 wurden sie von einem Walfischboot zuletzt gesehen. Fast zwei Jahre hörte man überhaupt nichts von der Expedition. Während die Admiralität unbesorgt blieb, kamen dem Antarktisforscher John Ross hingegen starke Bedenken und er forderte eine Suchexpedition. Doch noch ein weiteres Jahr verstrich ungenutzt, ehe die Admiralität die Suche mit einer Belohnung von 20.000 Pfund für Franklins Rettung in Gang brachte.

Im Mai 1848 segelte James Clark Ross durch die nordwestlichen Gewässer von Grönland, fand aber weder von Franklin noch von der Nordwestpassage irgendeine Spur und musste schließlich im November 1849 die Suche, bei der sechs seiner Männer ums Leben gekommen waren, abbrechen. 1850 setzten sechs Expeditionen die Suche fort. Eine von ihnen fand schließlich die Grabstätten von drei Männern, die zu Franklins Expedition gehört hatten. Auf einem anderen Suchweg durch die Beringstraße hatte Robert McClure die so lange gesuchte Nordwestpassage entdeckt. Doch die Nachricht ging fast unter, denn das Schicksal von Franklin lag noch immer im Dunkel.

Die britische Marine erklärte ihn und seine Männer kurzerhand für tot. Erst 1854 lieferte John Rae, ein Arktisforscher der "Hudsons Bay Company", erste wirkliche Beweise für das Schicksal von Franklin und seiner Expedition. Ein Eskimo konnte sich erinnern, dass einige Jahre zuvor weiße Männer in der Wildnis Alaskas verhungert waren. Er besaß zudem ein Mützenband, das eindeutig zur Ausrüstung der englischen Seeleute gehört hatte. Als Rae von den Eskimos noch mehr solcher Beweisstücke erhielt, konnte er nachweisen, dass Franklin und seine Männer umgekommen sein mussten. Offen blieb aber, wo und wann die Expedition verunglückt und gescheitert war.

1857 schickte Lady Jane Franklin Kapitän Leopold McClintock auf neue Suche. Er erreichte im Juli 1858 das King William Island und im September die Halbinsel Boothia. Im Frühjahr 1859 traf McClintock einige Eskimos, die sich an zwei Schiffe erinnerten und ihm gefundene Reste von der Franklinschen Ausrüstung zeigten. Als man schließlich unter einer Steinpyramide ein Blatt Papier mit zwei Notizen fand, war das Schicksal der Franklinschen Expedition endgültig geklärt.

In der ersten Notiz vom 28. Mai 1847 war von einem problemlosen Verlauf der Expedition die Rede. Die zweite Notiz vom 27. April 1848 enthielt dagegen gleich mehrere Hiobsbotschaften: Die Schiffe Franklins waren 1846 im Eis festgefroren. Er und seine Männer hatten sich auf den Weg gemacht, waren aber den Strapazen einer Überlandreise nicht mehr gewachsen. Franklin selbst war bereits im Juni 1847 gestorben.

Die Suche auf King William Island bestätigte die in der zweiten Notiz gefundenen Aussagen. Alle Teilnehmer der Expedition hatten den Tod gefunden. Die meisten starben an Skorbut, weil die vorsorglich täglich ausgegebene Portion Zitronensaft mit dem lebensnotwendigen Vitamin C nicht ausgereicht hatte, um die Krankheit wirksam zu bekämpfen. Und mit den Überlebensmethoden der Eskimos waren die Engländer nicht vertraut.

Das wirklich allerletzte Kapitel der Franklin Expedition wurde aber fast 50 Jahre später geschrieben. Am 22. Juli 1907 tauchte wie ein Phantom aus der Unterwelt die "Terror" aus ihrem eisigen Seegrab auf. Das Schiff, das offensichtlich von einer Eisscholle angehoben worden war, konnte von der Besatzung eines britischen Dampfers zweifelsfrei identifiziert werden.


Sein Leben in Zahlen und Fakten

  • geb. 1786
    John Franklin wurde 1786 geboren und ging schon mit 12 Jahren zur Royal Navy. Er nahm als Offizier u. a. an der Schlacht von Trafalgar teil (1805).
  • 1818
    Um seine Karriere in der Marine voranzubringen, meldete er sich freiwillig als zweiter Befehlshaber einer Polarexpedition. Leiter der Expedition war Captain David Buchan.
  • 1819 bis 1821
    In diesen drei Jahren leitete Franklin seine erste Expedition in den Norden Kanadas. Er kehrte als gefeierter Held heim, obwohl elf Männer ums Leben gekommen waren.
  • 1822
    Nach dem Erscheinen seines Reiseberichtes wurde der Forscher in England ausgesprochen populär und als ein Mann gerühmt, der "seine Schuhe aß".
  • 1825 bis 1827
    Franklin trat als Oberbefehlshaber seine zweite große Forschungsreise in den kanadischen Norden an. Die Expedition kehrte dieses Mal mit allen Männern gesund nach England zurück. Für seine Verdienste wurde der Kapitän geadelt.
  • 1830 bis 1833
    Nachdem sein Stern als Entdecker immer mehr gesunken war, übernahm Franklin das Kommando über eine Fregatte im Mittelmeer.
  • 1836 bis 1842
    Als Gouverneur befehligte er sechs Jahre lang auf Van Diemen's Land in Tasmanien vor der Küste Australiens eine Strafkolonie.
  • 1844
    Nach seiner Rückkehr nach England ernannte ihn die Royal Navy Ende 1844 zum Kommandeur einer weiteren Arktisexpedition, die in den arktischen Gewässern die nordwestliche Passage finden sollte.
  • 1845 bis 1857
    Franklin brach am 19. Mai 1845 mit 134 Mann zu seiner letzten Arktisexpedition auf. Bereits Ende Juni verlor sich ihre Spur in der eisigen See des hohen Nordens. Die englische Admiralität reagierte auf das Verschwinden der Expedition über mehrere Jahre überhaupt nicht. Erst im Mai 1848 begann James Clark Ross mit der Suche, die aber erfolglos blieb. 1850 fanden weitere Suchtrupps die ersten Gräber von Teilnehmern der Franklin-Expedition. Die tragischen Anzeichen wurden 1858 traurige Gewissheit: Sir John Franklin war bereits 1847 in der Arktis ums Leben gekommen. Seine letzte Expedition überlebte auch keiner seiner Männer.



Quelle: Geographie Infothek
Autor: Dr. Klaus-Uwe Koch
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 03.06.2012